University – der Name klingt nach Hörsaal und Mensa, aber die drei Jungs aus Crewe haben ihre eigene Uni gegründet: Kennengelernt haben sich Sänger und Gitarist Zak Bowker, Bassist Ewan Barton und Drummer Joel Smith am Musikcollege mitten in der Pandemie – ohne Abschlussfeier, aber mit vielen, kreativen Ideen und dem festen Willen, den trostlosen Ort Crewe auf der musikalischen Landkarte zu markieren. Also nutzte die Band jede freie Minute im Proberaum, um ihren Sound zu schärfen – ein Mix aus Math-Rock-Feinheiten und Punk-Energie, inspiriert von Underground-Acts wie Hella oder Dilute. Im November 2023 erschien ihre Debüt-EP „Title Track“ (Transgressive). Die Single „Egypt Tune“ ist ein fuzziges, nervös zuckendes Biest, das textlich zwischen Stoner-Mystik und DIY-Wahnsinn schwankt. Davor gab’s „Can’t Breathe“, eine rotzige Punk-Granate mit Pup-/Fugazi-Vibes. So hat sich Univerity ohne lokale Szene als Kompass ihr eigenes kleines Universum gebaut – roh, verspielt, kompromisslos. Eine Spielfreude, die auch live bestens funktioniert. Ich habe den Dreier/Vierer im Oktober 2023 im Club Volta als Support von The Murder Capital bewundern dürfen. Die entfesselnde Rohheit und Lautstärke ließ mich sprichwörtlich sprachlos zurück. Ganz groß!
I wonder if you’ve ever seen my yellow shirt so fresh and clean, the seven miles from my house, that’s when I knew you were the best.
Textausschnitt aus „History Of Iron Maiden Pt. 1″
Das Debüt von University beginnt mit einem Anruf, einem unverständlichen Anrufbeantworter-Fragment und einem abrupten Auflegen – und schon ist klar: Hier läuft nichts nach Schema F. Das Trio aus Crewe – ok, mit Maskottchen Eddie ein Quartett – pfeifen auf Perfektionismus, polieren nichts glatt und setzen voll auf das, was viele Bands heute verlernt haben: ungebremste Spielfreude.
Tattoos, Telefonate, Totalausfälle
„Massive Twenty One Pilots Tattoo“ – benannt nach der Antwort auf die Frage „Was wäre das schlimmste Tattoo der Welt?“ – jagt nach dem Telefon-Intro in einen punkigen Wirbel aus sägenden Gitarren, wildem Drumming und Stop-and-Go-Passagen, die so präzise wie albern sind. „Curwen“ hält den Druck hoch, kippt zwischendurch in eine ruhige, fast schmerzvolle Passage, nur um am Ende wieder völlig auszurasten.
Lärm mit Tiefgang
Mit „Gorilla Panic“ und „Diamond Song“ öffnet die Band den Lärm-Kosmos für noisige, fast hypnotische Gitarren, während „GTA Online“ erstaunlich zart anrollt, bevor die innere Unruhe doch wieder gewinnt. „Hustler’s Metamorphosis“ reitet ein proggy Funkriff in doomige Abgründe. Mit 10 Minuten Länge ist „History Of Iron Maiden Pt. 1“ ein wahrlich epischer Track, der mit verzerrten Vocals und nervösen Drums angstvoll und schleppend startet aber zunehmend an Fahrt aufnimmt, um im klassischen Math-Rockn zu enden. Man darf getrost davon ausgehen, dass der folgende Track „History Of Iron Maiden Pt. 5″ trotz seines Titels nichts mit dem Vorgänger zu tun hat. Er beendet als kratziges, elektronisches Instrumental dieses ungewöhnliche Debüt.
Live, roh, kompromisslos
Produziert wurde das Ganze live im Londoner Studio 13 von Kwes Darko (Sampa The Great, Denzel Curry), was den rohen, ungezähmten Sound perfekt konserviert. Kritiker feiern das Album als „chaotisch, herausfordernd und voll Herz“ (DIY) oder als „Punk, der Grenzen sprengt“ (Dork). Punk, Noise, Math-Rock und jede Menge Chaos – University aus Crewe liefern mit „McCartney, It’ll Be OK“ ein Debüt, das keine Regeln kennt. Roh, witzig, unvorhersehbar und immer mit Vollgas ins Unbekannte –so klingt es, wenn vier Freunde den Lärm zu ihrer Lieblingssprache machen.