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Jeff Tweedy

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 3 Minu­ten

Jef­frey Scot Jeff“ Tweedy, gebo­ren am 25. August 1967 in Bel­le­ville, Illi­nois, ist ein US-ame­ri­ka­ni­scher Song­wri­ter und Band­lea­der aus Chi­cago. Er ist einer der gro­ßen Anti-Stars des US-ame­ri­ka­ni­schen Rock. Mit Wilco schuf er seit Mitte der 90er Jahre ein Klang­la­bor zwi­schen Folk, Noise, Pop und Avant­garde – deren Album Yan­kee Hotel Fox­t­rot“ aus 2002 gilt längst als Indie-Klas­si­ker. Schon zuvor prägte Tweedy mit Uncle Tupelo das Genre Alt-Coun­try, ohne es je in Nost­al­gie erstar­ren zu las­sen. Als Solo­künst­ler zeigt er sich inti­mer und oft auch ver­letz­li­cher – zuletzt in Alben wie WARM“ oder Love Is The King“. Gleich­zei­tig schreibt Tweedy Bücher, tritt in Pod­casts auf und hat sich als eine der sym­pa­thischs­ten, aber auch eigen­wil­ligs­ten Stim­men der US-Musik­szene etabliert.

Jeff Tweedy, Twilight Override

Jeff Tweedy
Twilight Override

Ver­öf­fent­licht: 25. Sep­tem­ber 2025
Label: dBpm Records

I wanna sweat next to you
Sweat next to you
With a sticky carpet sucking on my shoes
Cause rock n’ roll ain’t never gonna lose 

Text­aus­schnitt aus Lou Reed Was My Babysitter”

Mit Twi­light Over­ride“ legt Jeff Tweedy im Sep­tem­ber 2025 ein Drei­fach­al­bum vor, das weit mehr ist als eine Fuß­note sei­ner Band­kar­riere. Aus­ge­rech­net in einer Ära der Play­lists und algo­rith­misch ver­kürz­ten Auf­merk­sam­keits­span­nen legt der Wilco-Chef ein opu­len­tes Werk mit drei­ßig Songs vor, das sich auf knapp zwei Stun­den Spiel­zeit sum­miert – und ver­wei­gert sich damit jeder musi­ka­li­schen Bequem­lich­keit. Statt­des­sen stemmt er sich gegen Schnell­le­big­keit und Algorithmus-Routine.

Generationsübergreifend

Sti­lis­tisch ist die­ses Werk ein Kraft­akt zwi­schen Ame­ri­cana, Art-Rock und Psy­che­de­lia – gar­niert mit akus­ti­scher Inti­mi­tät, spit­zem Humor und über­ra­schend har­schen Aus­brü­chen. Tweedys mar­kante Stimme ver­leiht den Songs eine beson­dere Nähe: mal ver­lo­ren, mal sar­kas­tisch, mal tröst­lich. Unter­stützt von sei­nen Söh­nen Spen­cer und Sammy, den Gitar­ris­ten James Elking­ton und Liam Kazar sowie dem expe­ri­men­tel­len Indie-Rock-Duo Finom, klingt Twi­light Over­ride“ wie ein bewuss­ter Gegen­ent­wurf zu Tweedys bis­he­ri­gen Solo­al­ben. Tweedy selbst sagt dazu: I love that I have some­thing to share with my kids. I love that I have some­thing to share with my kids’ fri­ends, and bands I meet, and youn­ger bands.“

Americana trifft auf Experimental

Schon mit dem her­aus­ra­gen­den Ope­ner One Tiny Flower“ ist die Atmo­sphäre gesetzt: The grass is gro­wing /​All over town /​From the cracks in the side­walks /​Where the shops shut down. One tiny flower I’m jum­ping over.“ Tweedy zele­briert musi­ka­li­sche Tiefe und for­dert volle Auf­merk­sam­keit. Songs wie das expe­ri­men­tell-ver­schro­bene Lou Reed Was My Baby­sit­ter“ ver­we­ben Eigen­hu­mor mit offe­ner Refe­renz an musi­ka­li­sche Idole. Humor und Lust am musi­ka­li­schen Free­style tre­ten klar her­vor: I reject the idea that the world is only get­ting worse. I reserve the right to envi­sion a beau­tiful world.“ 

Schönheit und Melancholie

Natür­lich gibt es unter den 30 Tracks auch ruhi­gere Pas­sa­gen – und eben auch einige Län­gen. Doch gerade im Wech­sel­spiel von fol­ki­gen Coun­try-Wal­zern, 70er Glam­rock, dro­ni­gen Sound­ex­pe­ri­men­ten und klei­nen Pop­ju­we­len liegt die Fas­zi­na­tion die­ser Ver­öf­fent­li­chung. Twi­light Over­ride“ schert sich nicht um das Zeit­geist-Kor­sett, son­dern fei­ert die Frei­heit des Künst­lers, alles den­ken und alles aus­pro­bie­ren zu dürfen.

Abschluss mit Frage und Hoffnung

Im fina­len Enough“ ver­dich­tet sich Tweedys Thema: Is your heart still fightin’ /​To get out of your mind?“ – er zitiert darin Dylans Like A Rol­ling Stone“ und weiß, es ist schwer, ver­liebt zu blei­ben.“ Aber eine Wahl gibt es nicht, denn No one stands a chance /​Get­ting caught up in the past“, wie es in Caught up in The Past“ heißt. Tweedy lie­fert mit die­ser Platte den Sound­track zum Wei­ter­ma­chen, spen­det Trost, Mut und eine Prise Iro­nie. Mehr kann man in die­sen Zei­ten kaum ver­lan­gen. Twi­light Over­ride“ ist ein drei­fa­ches State­ment gegen die Angst vor dem Abend und für die Hoff­nung auf den Mor­gen – ein musi­ka­li­scher Auf­ruf zum Trotz alledem“.