The New Eves sind ein Quartett aus Brighton, das seit 2021 mit eigenwilligen Konzerten und einem wilden Mix aus Folk, Punk und Performance-Kunst für Aufsehen sorgt. Es entstehe eine unverwechselbare Alchemie, wenn Violet Farrer (Gitarre, Geige, Gesang), Nina Winder-Lind (Cello, Gitarre, Gesang), Kate Mater (Bass, Gesang) und Ella Oona Russell (Schlagzeug, Flöte, Gesang) gemeinsam eine Bühne betreten. Zumeist erscheinen sie wie Figuren aus einem heidnischen Märchen – in weißen Kostümen, mit improvisierten Tänzen, Fake-Blut und viel theatralischer Energie. Musikalisch bewegt sich das Quartett irgendwo zwischen Patti Smith, The Raincoats, Marc Bolan, The Ex und The Velvet Underground, wobei sie Folk-Tradition und Punk-Spirit wild vermischen. Die Band selbst beschreiben ihre Musik Sound Hagstone-Rock. Ein Hagstone (Hexenstein) ist ein Stein mit einem natürlichen Loch, der in der Folklore als Schutz vor Hexen gilt. Entsprechend greifen sie textlich Mythen, Märchen und feministische Narrative auf und verwandeln sie in kämpferische Hymnen über Selbstermächtigung, Natur und Spiritualität. 2023 veröffentlichten The New Eves ihre erste Single „Mother/Original Sin“, 2024 folgte das Debütalbum „The New Eve Is Rising“, das die Band endgültig als eine der spannendsten neuen Stimmen im Grenzbereich zwischen Folk, Punk und Avantgarde positionierte.
They try to kill her, she pulls the triggerShoots them down one by one!
Textausschnitt aus „Highway Man”
Das außergewöhnliches Debütalbum „The New Eve Is Rising“ von The New Eves wurde von Jack Osbourne koproduziert und in den Rockfield Studios und der Cotham Parish Church in Bristol aufgenommen. Schon der Opener „The New Eve“ macht klar: Hier geht’s nicht um den nächsten Indie-Hype, sondern um ein Manifest. Zwischen Predigt, feministischer Kampfansage und schrägem Ritual wird die „Neue Eva“ beschworen – eine matriarchale Figur, die sowohl Bohnen aus der Dose isst als auch das Patriarchat anzündet. Klingt irgendwie nach exaltiertem Drama, ist aber vor allem ziemlich mitreißend.
Folk, Punk und Kuhgesang
Musikalisch taumeln die Stücke bewusst am Rand des Chaos. „Highway Man“ verwandelt eine alte Räuberballade in eine Abrechnung aus weiblicher Perspektive, inklusive sägender Geigen und rumpelndem Beat. Statt einer tragischen Frau, die sich für den Räuber opfert, steht nun eine weibliche Figur im Zentrum, die das Heft selbst in die Hand nimmt. Aus passiver Opferrolle wird aktive Selbstverteidigung – ein feministisches Rewriting, das Wut, Stärke und Selbstermächtigung bündelt. In „Cow Song“ verbinden The New Eves archaische Gesangstechniken mit repetitiven Rhythmen zu einer Art rituellem Chor. Zwischen ländlicher Tradition und feministischer Beschwörung verwandelt sich das Stück in ein hypnotisches Manifest der Stärke. Der Song stampft los wie ein Glamrock-Ritual, schwillt zu einem hypnotischen Chorgesang an und scheut auch vor nordischem Kuhlocken nicht zurück. Und spätestens wenn bei „Volcano“ die Flöte durch die Klangschichten säuselt, bevor alles in einem Ausbruch explodiert, weiß man: Diese Band hat keine Angst vor dem großen Gestus.
Schöne Schieflage
Was The New Eves dabei so aufregend macht: Sie sind gleichzeitig überambitioniert und dennoch herrlich ungeschliffen. Man hört, dass manches live wahrscheinlich noch wilder wirkt als auf Platte, aber gerade diese wilde Intensität hält einen bei der Stange. Sie klingen wie eine Band, die gerade erst ihre Sprache erfindet – und dabei permanent Funken schlägt.