Das Stuttgarter Duo Zweilaster haben eine ganz eigene Vorstellung von Musik. Sie bewegen sich in einer Nische, die wohl so manchen ratlos zurückläßt. Der wunderbar schräge, dilettantische Sound von Marie alias Ollenixxe (Gesang, Schlagzeug) und Arno alias AK99 (Gesang, Gitarre) wird zwar medial unter Post-Punk-Song gelistet, aber es ist wohl eher die scheissegal DIY-Haltung, die man dem Punk zuordnen könnte. Auch textlich bewegen sich die sympathischen Weirdos auf schrägen, dadaistischen Pfaden.
Ich will nicht mehr alleine tanzen gehen
Textausschnitt aus „Allein“
ich will nicht mehr allein spazieren gehen,
jede Zelle meines Körpers ist unglücklich
jede Zelle fühlt sich so unwohl
„Wieherd“ erscheint im Dezember 2024 beim für abseitige Musik bekannten Label Tomatenplatten, das von Thomas Götz, Schlagzeuger der Berliner Band Beatsteaks, betrieben wird. Es ist das dritte Album der ZweiLaster. Produziert wurde es von Tausendsassa Julian Knoth (Die Nerven, Yum Yum Club, Peter Muddin Trio), der ohnehin für seine Vorliebe für provokant-atonale Melodien bekannt ist. Doch was bedeutet eigentlich „Wieherd“? Natürlich denkt man zunächst an das Wiehern eines Pferdes, doch wahrscheinlicher ist, dass der Titel eine Anspielung auf das englische Wort „weird“ ist – und damit die beste Beschreibung für das Album liefert: seltsam, eigenartig, merkwürdig, aber mit einem Hauch von Anerkennung. Die dreizehn Tracks des Albums präsentieren sich als minimalistische Popsongs, die bewusst auf üppige Instrumentierung verzichten und einen schrägen, eigenwilligen Blick auf die Welt werfen.
Von Tauben, Fröschen und Graureihern
Die Songs rumpeln und grooven scheppernd dahin und stellen auch textlich eine echte Herausforderung dar. Doch irgendwo und irgendwie packt einen dieser sperrige Sound dann doch am Schlawittchen, reißt einen mit und lässt einen nicht mehr los. So heißt es etwa im schrammeligen Popsong „Wir fahren auf in die Berge“: „Froh zu sein, bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.“ Und ehe man sich versieht, ergibt man sich freudig diesem dissonanten, aber charmanten Chaos. Marie und Arno singen, kreischen und krakeelen, sie beklagen ihr Alleinsein, beobachten Frösche am Pool, philosophieren darüber, dass Tauben die einzig wahren Punker sind, fliegen mit einem Graureiher über die Stadt – und ganz nebenbei betreiben sie ein wenig Pseudo-Psychoanalyse. Entsprechend verschroben und eigenartig sind die Lyrics. Ein „Song“ wirkt wie der Mitschnitt eines Telefonanrufs, wobei man den Text der Gegenseite erst einige Tracks später zu hören bekommt. Dieses charmante Album will also durchlaufend am Stück gehört werden – und bei einer Gesamtlaufzeit von nur 23 Minuten ist das ja wohl auch nicht zu viel verlangt. Wer bei all dem nun Funpunk à la Abstürzende Brieftauben oder frühe Ärzte erwartet, kann beruhigt sein: Diese Musik stammt von einem ganz anderen Stern, genauer gesagt vom hellleuchtenden „Weirdo“, irgendwo in der fernen Galaxie Subversiva.